Newsletter
April 2022
Liebe Leserschaft,
„Ich habe keine Zeit.“, diesen Satz hören und verwenden wir häufig. Zeit kann man genaugenommen gar nicht besitzen, aber darum geht’s heute nicht. Zeit ist zur Ware geworden, die meistens knapp ist. Unsere Tage sind eng getaktet. Deshalb sind Dinge, die Zeit sparen, sehr beliebt.
Wir ersparen Ihnen gerne den „zeitaufwendigen“ Steuerkram und liefern Ihnen die wirklich wichtigen Dinge – kurz und knapp – so wie auch in diesem Newsletter.
Es grüßt Sie auf das Herzlichste
Ihr TEAM SCHARFE
Unternehmer & Unternehmen
Online-Gründung einer GmbH
Der Gesetzgeber hat in 2021 die EU-Digitalisierungsrichtline in nationales Recht implementiert. Darin enthalten ist u. a. die Möglichkeit der GmbH-Online-Gründung.
Mit dem neuen Gesetz wurde zwar keine GmbH-Gründung per Mausklick möglich. Es kann jedoch die Option genutzt werden, den Beurkundungstermin per Videokonferenz wahrzunehmen. Hierzu genügen jedoch herkömmliche Systeme wie Skype, Microsoft Teams usw. nicht. Das System muss geeignet sein, die körperliche Präsenz der am Beurkundungsprozess teilnehmenden Personen vor dem Notar vollständig zu ersetzen. Die Bundesnotarkammer stellt hierzu ein geeignetes Konferenzsystem zur Verfügung.
Corona: Weitere Hilfsmaßnahmen in der Pipeline
Die Homeoffice-Pauschale soll um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2022 verlängert werden. Somit können Steuerpflichtige auch im Veranlagungszeitraum 2022 für jeden Kalendertag, an dem sie ihre betriebliche oder berufliche Tätigkeit und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene Betätigungsstätte aufsuchen, einen Betrag von 5 Euro abziehen; höchstens aber 600 Euro im Kalenderjahr.
Durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz vom 29. Juni 2020 können bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die in 2020 und 2021 angeschafft oder hergestellt wurden, degressiv abgeschrieben werden. Dies ist sinnvoll, wenn Abschreibungsvolumen möglichst früh als Aufwand genutzt werden soll. Diese Regelung soll nun auch für Wirtschaftsgüter gelten, die im Jahr 2022 angeschafft oder hergestellt werden.
Beachten Sie: Gewährt wird eine degressive Abschreibung von 25 % (höchstens das
2,5-Fache der linearen Abschreibung).
Der Verlustrücktrag soll ab dem Verlustentstehungsjahr 2022 von einem Jahr auf zwei Jahre erweitert werden. Zudem sollen die mit dem Dritten Corona-Steuerhilfegesetz vom 17. März 2021 auf 10 Mio. Euro (bzw. auf 20 Mio. Euro bei Zusammenveranlagung) angehobenen Grenzen beim Verlustrücktrag für die Veranlagungszeiträume 2022 und 2023 beibehalten werden.
Die Förderung der steuerfreien Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld soll um
sechs Monate bis Ende Juni 2022 verlängert werden.
Für die künftige (Investitionszeitraum von drei Jahren) Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens kann ein Investitionsabzugsbetrag (IAB) von bis zu 40 % (in nach dem 31. Dezember 2019 endenden Wirtschaftsjahren: 50 %) der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd geltend gemacht werden.
Für Fälle, in denen die Investitionsfrist in 2022 abläuft, soll diese um ein Jahr verlängert werden.
Praxistipp: Ist eine Investition auch bis Ende 2023 nicht realisierbar, sollte wegen der damit verbundenen rückwirkenden Verzinsung eine freiwillige IAB-Auflösung erwogen werden.
Beachten Sie: Auch die Reinvestitionsfristen des § 6b EStG „Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter“ sollen um ein weiteres Jahr verlängert werden.
Einkommen steuer
Verluste aus Aktien
Während Verluste aus Investmentfonds, Zertifikaten, Anleihen usw. mit Gewinnen aus Kapitaleinkünften aller Art verrechenbar sind, dürfen Aktienverluste nur mit Aktiengewinnen verrechnet werden.
Der Bundesfinanzhof/BFH hat zu dieser Vorschrift Bedenken geäußert und mit Vorlagebeschluss vom 17.11.2020 (VIII R 11/18) dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, inwieweit eine Verlustverrechnungsbeschränkung bei Aktien mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das Verfahren wird beim BVerfG unter dem Az 1 BvL 3/21 geführt.
Verlängerte Steuererklärungsfristen
Für durch Angehörige der steuerberatenden Berufe erstellte Steuererklärungen ist Folgendes vorgesehen:
Steuererklärung 2020: Verlängerung der Abgabe um drei weitere Monate bis Ende August 2022; Steuererklärung 2021: Verlängerung um vier Monate bis Ende Juni 2023; Steuererklärung 2022: Verlängerung um zwei Monate bis Ende April 2024.
Für nicht beratene Steuerpflichtige soll für das Veranlagungsjahr 2021 eine Verlängerung um zwei Monate bis Ende September 2022 erfolgen (für das Veranlagungsjahr 2022: Verlängerung um einen Monat bis Ende August 2023).
Umsatzsteuer
Vorsteuerabzug bei Ist-Versteuerung erst bei Zahlung
„Ist-Versteuerer“ müssen ihre Umsätze nach § 20 Umsatzsteuergesetz (UStG) erst versteuern, wenn sie die Zahlungen erhalten haben. Leistungsempfänger können die Vorsteuer dagegen unabhängig von der Besteuerung des Leistenden mit der Leistungsausführung abziehen. So sieht es das deutsche Umsatzsteuerrecht vor. Der Europäische Gerichtshof hat aber nun eine andere Meinung vertreten.
Hintergrund: Bei der Soll-Besteuerung ist die Umsatzsteuer grundsätzlich mit der Leistungsausführung abzuführen, was die Liquidität belasten kann. Unter Voraussetzungen (z. B. Umsatz im vorangegangenen Jahr nicht mehr als 600.000 Euro) kann eine Besteuerung per Antrag auch erst im Vereinnahmungszeitpunkt erfolgen (Ist-Besteuerung).
Nach Auffassung der Finanzverwaltung entsteht das Vorsteuerabzugsrecht unabhängig von der Besteuerung des Leistenden im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Wesentliche Bedingungen sind die Leistungsausführung und der Empfang der Rechnung.
Der Europäische Gerichtshof hat jetzt aber Folgendes herausgestellt: „Art. 167 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der das Recht auf Vorsteuerabzug bereits im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes entsteht, wenn der Steueranspruch gegen den Lieferer oder Dienstleistungserbringer nach einer nationalen Abweichung gemäß Art. 66 Abs. 1 Buchst. b der Mehrwertsteuerrichtlinie erst bei Vereinnahmung des Entgelts entsteht und dieses noch nicht gezahlt worden ist.“
Das Urteil ist für alle Unternehmen bedeutend. Denn Leistungsempfänger können in der Regel nicht erkennen, wie der leistende Unternehmer seine Umsatzsteuer berechnet. Man darf also gespannt sein, wie der Gesetzgeber bzw. die Finanzverwaltung reagieren werden. Bis dahin dürfte aber Bestandsschutz bestehen.
Verfahrens-recht
Steuernachzahlungen und -erstattungen: Zinssatz von 0,15 % pro Monat geplant
Nach einem Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums soll der Zinssatz für Steuernachforderungen und -erstattungen für Verzinsungszeiträume ab 1. Januar 2019 rückwirkend auf 0,15 % pro Monat (das heißt 1,8 % pro Jahr) gesenkt werden. Die Angemessenheit dieses Zinssatzes ist dann unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes nach § 247 BGB alle drei Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume zu evaluieren, erstmals zum 1. Januar 2026.
Hintergrund: Das Bundesverfassungsgericht hat 2021 entschieden, dass der bei der Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen angewandte Zinssatz von 0,5 % pro Monat seit 2014 nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Für Verzinsungszeiträume bis Ende 2018 ist jedoch keine Neuregelung notwendig. Vielmehr wurde der Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine Neuregelung zu treffen, die sich rückwirkend auf alle Verzinsungszeiträume ab 2019 erstreckt.
Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts erstreckt sich ausdrücklich nicht auf andere Verzinsungstatbestände nach der AO (Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen). Nach der vorliegenden Gesetzesbegründung muss die Frage, ob und inwieweit auch hier eine Anpassung erforderlich ist, noch geprüft werden.
In der Praxis werden die Finanzämter die Verzinsung für alle Steuerbescheide, bei denen bislang noch keine Zinsen festgesetzt wurden, nachholen. Allerdings erst, wenn das Gesetz endgültig verabschiedet ist und zur Anwendung kommt. Aktuell handelt es sich nur um einen Referentenentwurf.
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