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August 2021

Liebe Leserschaft,

nicht nur der Sommer neigt sich rasant dem Ende, sondern in Bälde auch die Sommerferien.  Auf dem Lehrplan steht dann wieder einmal die Prozentrechnung meiner Tochter, mit der auch heute noch viele auf „Kriegsfuß“ stehen, die schon lange nicht mehr die Schulbank drücken müssen.

Um Prozente ging es auch beim Bundesverfassungsgericht. Die Richter haben entschieden, dass 6 % Zinsen auf Steuernachzahlungen und Steuererstattungen verfassungswidrig sind. Aber lesen Sie selbst, was in Karlsruhe zum Thema Prozentrechnen gelehrt wird.

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Verzinsung von Steuernachforderungen und
Steuererstattungen mit jährlich 6 % ab 2014 verfassungswidrig

Mit am 18. August 2021 veröffentlichtem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen verfassungswidrig ist, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2014 ein Zinssatz von monatlich 0,5 % zugrunde gelegt wird.

Die Zinsregelung betrifft Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer und gilt sowohl für Steuernachforderungen als auch Steuererstattungen. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts stellt die Verzinsung von Steuernachforderungen mit einem Zinssatz von monatlich 0,5 % nach Ablauf einer zinsfreien Karenzzeit von grundsätzlich 15 Monaten eine Ungleichbehandlung von Steuerschuldnern, deren Steuer erst nach Ablauf der Karenzzeit festgesetzt wird, gegenüber Steuerschuldnern, deren Steuer bereits innerhalb der Karenzzeit endgültig festgesetzt wird, dar. Diese Ungleichbehandlung erweist sich für in die Jahre 2010 bis 2013 fallende Verzinsungszeiträume noch als verfassungsgemäß, für in das Jahr 2014 fallende Verzinsungszeiträume dagegen als verfassungswidrig (Art. 3 Abs. 1 GG).

Bei Einführung des Zinssatzes von monatlich 0,5 % habe dieser noch etwa den maßstabsrelevanten Verhältnissen am Geld- und Kapitalmarkt entsprochen. Nach Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 habe sich jedoch ein strukturelles Niedrigzinsniveau entwickelt, das nicht mehr Ausdruck üblicher Zinsschwankungen sei. Spätestens seit dem Jahr 2014 erweise sich der Zinssatz als realitätsfern, so das Bundesverfassungsgericht.

Das bisherige Recht sei für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume weiter anwendbar. Für ab in das Jahr 2019 fallende Verzinsungszeiträume sind die Vorschriften dagegen unanwendbar. Der Gesetzgeber sei verpflichtet, bis zum 31. Juli 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen.

Photovoltaik-Anlagen: Steuer-Vereinfachung lohnenswert?

Wer mit einer Photovoltaik-Anlage oder mit einem Blockheizkraftwerk Strom erzeugt und diesen in das öffentliche Netz einspeist, muss die Einkünfte in der Einkommensteuererklärung angeben. Gerade in der Anfangszeit fallen aber meist Verluste an. Deshalb verlangt das Finanzamt eine Prognose, ob mit der Anlage überhaupt Gewinn erzielt werden kann. Häufig unterstellt das Finanzamt eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei und will die Verluste aus der Photovoltaik-Anlage nicht anerkennen.

Wer sich als Hauseigentümer den Aufwand sparen und seinen Gewinn nicht versteuern möchte oder aber an einer Verlustverrechnung nicht interessiert ist, kann seit Juni 2021 direkt beim Finanzamt beantragen, dass ein Liebhabereibetrieb vorliegt. Steuerzahler müssen dann für ihre Photovoltaik-Anlage keine Einnahmen-Überschuss-Rechnung mehr abgeben, und die Einkünfte aus dem Verkauf des Stroms werden nicht besteuert.

Voraussetzungen dafür sind, dass die Leistung der Anlage nicht mehr als 10 Kilowatt beträgt, sie nach dem 31. Dezember 2003 erstmalig in Betrieb genommen wurde und sie auf einem selbstbewohnten Ein- oder Zweifamilienhaus installiert ist. Die Regelung gilt auch für kleine Blockheizkraftwerke mit einer elektrischen Leistung bis 2,5 Kilowatt.

Wenn die Anlage schon länger in Betrieb ist und bisher Verluste vom Finanzamt anerkannt wurden, ist allerdings Vorsicht geboten. Wenn die Einkommensteuerbescheide aus den Vorjahren unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen oder die Gewinnerzielungsabsicht nur vorläufig anerkannt worden ist, sind die alten Bescheide noch änderbar.

Wenn dann die Steuerbefreiung beantragt wird, kann es für die Vorjahre zu Steuernachzahlungen und Zinsen kommen, weil angenommen wird, dass die Photovoltaik-Anlage von Anfang an ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben worden ist. Wer die Vereinfachungsregel für seine schon bestehende Anlage nutzen möchte, sollte deshalb vorab prüfen, ob sich die Anwendung der neuen Vereinfachungsregel finanziell lohnt oder nicht.

Arbeitslohn anlässlich von Betriebsveranstaltungen

Der Bundesfinanzhof entschied, dass bei der Bewertung von Arbeitslohn anlässlich einer Betriebsveranstaltung alle mit dieser in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Aufwendungen des Arbeitgebers anzusetzen sind, ungeachtet dessen, ob sie beim Arbeitnehmer einen Vorteil begründen können. Die danach zu berücksichtigenden Aufwendungen des Arbeitgebers sind zu gleichen Teilen auf die bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer aufzuteilen.

Eine Arbeitgeberin plante die Durchführung eines gemeinsamen Kochkurses als Weihnachtsfeier. Jeder Teilnehmer durfte unbegrenzt Speisen und Getränke verzehren. Zwei von den ursprünglich angemeldeten 27 Arbeitnehmern sagten kurzfristig ab, ohne dass dies zu einer Verminderung der Veranstaltungskosten führte. Die Arbeitgeberin war der Ansicht, dass die Kosten, die auf die beiden angemeldeten, aber nicht teilnehmenden Arbeitnehmer entfielen, nicht Teil der Zuwendungen i. S. des Einkommensteuergesetzes seien. Demgemäß teilte sie die Gesamtkosten der Weihnachtsfeier durch die Anzahl der angemeldeten (27) Arbeitnehmer. Demgegenüber verlangte das beklagte Finanzamt, dass auf die tatsächlich teilnehmenden 25 Arbeitnehmer abzustellen sei. Die Klage hatte vor dem Bundesfinanzhof keinen Erfolg.

Einkommen steuer

Kein Abzug von Kindergartenbeiträgen in Höhe steuerfrei gezahlter Arbeitgeberzuschüsse in der Einkommensteuererklärung

Die verheirateten Kläger zahlten für die Betreuung ihrer minderjährigen Tochter einen Kindergartenbeitrag i. H. von 926 Euro. Zugleich erhielt der Kläger von seinem Arbeitgeber einen steuerfreien Kindergartenzuschuss i. H. von 600 Euro. Das beklagte Finanzamt kürzte die von den Klägern mit ihrer Einkommensteuererklärung in voller Höhe (926 Euro) geltend gemachten Sonderausgaben um den steuerfreien Arbeitgeberzuschuss.

Die Klage hatte vor dem Bundesfinanzhof keinen Erfolg. Kinderbetreuungskosten und damit auch Kindergartenbeiträge können unter bestimmten Voraussetzungen als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Sonderausgaben setzen jedoch Aufwendungen voraus. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs dürfen daher nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist. D. h., gewährt der Arbeitgeber einen steuerfreien zweckgebundenen Arbeitgeberzuschuss zu den Kinderbetreuungskosten, werde die wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen in diesem Umfang gemindert.

Keine Besteuerung des auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Veräußerungsgewinns bei Verkauf einer selbstgenutzten Immobilie

Der Bundesfinanzhof hat zu der Frage Stellung genommen, ob ein bei der Arbeitnehmertätigkeit als Werbungskosten geltend gemachtes häusliches Arbeitszimmer (1.250 Euro) bei der Veräußerung der Eigentumswohnung nicht den Wohnzwecken zugeordnet wird und so den Veräußerungstatbestand „private Veräußerungsgeschäfte“ erfüllt.

Eine Lehrerin erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und machte, wie in den Vorjahren, die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, welches sich in ihrer Eigentumswohnung befand, als Werbungskosten geltend. Diese wurden vom beklagten Finanzamt jeweils mit dem Höchstbetrag i. H. von 1.250 Euro anerkannt. Als die Lehrerin im Streitjahr 2017 ihre Eigentumswohnung veräußerte, berücksichtigte das Finanzamt in der Einkommensteuerveranlagung 2017 anteilig auf das Arbeitszimmer entfallende Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften (Veräußerungsgewinn). Das Finanzgericht Baden-Württemberg gab der Klage statt und setzte die Einkünfte aus der Veräußerung der Eigentumswohnung mit 0 Euro an.

Die Revision des Finanzamtes hat der Bundesfinanzhof als unbegründet zurückgewiesen. Werde eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung innerhalb der zehnjährigen Haltefrist veräußert, ist der Veräußerungsgewinn nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs auch insoweit von der Besteuerung ausgenommen, als er auf ein zur Erzielung von Überschusseinkünften genutztes häusliches Arbeitszimmer entfällt.

 

Hinweis:

Der Gewinn aus der Veräußerung einer selbstgenutzten Immobilie wird bereits nach einer sehr kurzen Haltedauer von der Einkommensteuer freigestellt, wenn u. a. die Immobilie ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Bisher geht die Finanzverwaltung davon aus, dass diese Voraussetzung für die Teilfläche, welche für das Arbeitszimmer genutzt wird, nicht vorliegt. Sie ist der Ansicht, dass der auf diese Fläche anfallende Spekulationsgewinn anteilig der Besteuerung zu unterwerfen ist. Das Finanzgericht Baden-Württemberg und der Bundesfinanzhof sind nunmehr dieser Ansicht entgegengetreten.

Spenden anlässlich der Hochwasserkatastrophe – Erleichterter Nachweis

Wer anlässlich der Hochwasserkatastrophe in Deutschland Spenden getätigt hat, kann diese als Sonderausgaben steuerlich geltend machen. Dabei gelten Erleichterungen für den Nachweis von Spenden.

Es reicht für alle Spenden, die bis zum 31. Oktober 2021 zur Hilfe in Katastrophenfällen auf ein für den Katastrophenfall eingerichtetes Sonderkonto eingezahlt werden, der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung (z. B. der Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking) eines Kreditinstitutes als Spendenquittung aus. Das gilt auch für Spender, die nicht in einem vom Hochwasser betroffenen Land wohnen.

Verfahrens recht

Erweiterte Mitteilungspflichten für juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften – Wegfall der Mitteilungsfiktion!

Am 30. Juni 2021 wurde das Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz (TraFinG GW) veröffentlicht. Es tritt am 1. August 2021 in Kraft und bringt u. a. Änderungen des Geldwäschegesetzes (GwG) mit sich, die dazu dienen sollen, die europäische Vernetzung der in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten bestehenden Transparenzregister zu ermöglichen.

Das Gesetz führt zu Änderungen betreffend die Mitteilungspflichten juristischer Personen des Privatrechts und eingetragener Personengesellschaften gegenüber dem Transparenzregister. Gemäß § 20 Absatz 1 GwG haben diese Angaben zu ihren – gegebenenfalls mehreren – wirtschaftlich Berechtigten (natürlichen Personen) einzuholen, aufzubewahren, auf dem aktuellen Stand zu halten und der registerführenden Stelle unverzüglich zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen.

Für eine Erleichterung sorgt dabei – bislang – die sogenannte Mitteilungsfiktion (§ 20 Absatz 2 GwG). So muss bislang beispielsweise eine GmbH dann keine gesonderte Mitteilung an das Transparenzregister vornehmen, wenn im Handelsregister eine aktuelle Gesellschafterliste abrufbar ist, aus der sich der/die wirtschaftlich Berechtigten ersehen lassen.

Diese Mitteilungsfiktion wird nun durch das TraFinG GW ersatzlos gestrichen. Deutsche juristische Personen des Privatrechts und eingetragene deutsche Personengesellschaften werden ausnahmslos gegenüber dem Transparenzregister mitteilungspflichtig, also z. B. auch GmbHs, die sich bislang auf die Mitteilungsfiktion berufen haben. Abhängig von der Rechtsform gelten unterschiedliche Übergangsfristen, um die Mitteilung des/der wirtschaftlich Berechtigten gegenüber dem Transparenzregister nachzuholen.

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