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Juni 2024
Liebe Leserschaft,
geht es Ihnen auch so, dass „gefühlt“ das erste halbe Jahr schneller vergangen ist, als dies in der Vergangenheit der Fall war?
Nicht gefühlt, sondern Realität ist die Frist 31.07. diesen Jahres, bis zu dem Sie entscheiden müssen, ob bestimmte Wirtschaftsgüter ihrem Unternehmensvermögen zugeordnet werden sollen. Wie das geht, lesen Sie in unserer heutigen Ausgabe. Hier erfahren Sie auch, ob Sie bzw. Ihr Unternehmen möglicherweise nicht verpflichtet ist, seinen Jahresabschluss durch einen Wirtschaftsprüfer prüfen zu lassen.
Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht Ihnen
Ihr
TEAM SCHARFE Steuerberater
Unternehmer & Unternehmen
Ungeklärte Vermögenszuwächse beim Gesellschafter-Geschäftsführer – Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung?
Der Bundestag hatte zuvor bereits die Erhöhung der monetären Schwellenwerte „Umsatzerlöse“ und „Bilanzsumme“ beschlossen dem nun auch der Bundesrat zugestimmt hat.
Die Anhebung der Schwellenwerte geht für die begünstigten (oft kleinen) Unternehmen mit einer Neueinstufung in eine niedrigere Größenklasse und damit einer Reduzierung von Berichtspflichten einher. Sofern gewünscht, können die neuen Werte bereits für den Jahresabschluss 2023 genutzt werden.
Die Eingruppierung in eine niedrigere Größenklasse hat unter anderem den Vorteil, dass die Berichtspflichten reduziert werden. Beispielsweise müssen mittelgroße Kapitalgesellschaften einen Lagebericht (§ 289 HGB) aufstellen; kleine Gesellschaften sind davon befreit. Zudem gibt es bei der Erstellung des Anhangs für kleine und mittelgroße Gesellschaften viele größenabhängige Erleichterungen (§ 288 HGB).
Die bisherigen und die neuen Schwellenwerte sind in der folgenden Übersicht zusammengestellt. Anhebungen erfolgen nur für die monetären Schwellenwerte „Bilanzsumme“ und „Umsatzerlöse“. Bei der Zahl der Mitarbeiter soll es keine Anpassungen geben:
Bei einer Neueinstufung ist zu beachten, dass mindestens zwei der drei Merkmale an zwei aufeinander folgenden Bilanzstichtagen über- oder unterschritten werden müssen.
Die neuen Schwellenwerte gelten für nach dem 31. Dezember 2023 beginnende Geschäftsjahre. Es besteht aber ein Wahlrecht, die neuen Werte bereits für das Geschäftsjahr 2023 zu nutzen.
FRIST: Zuordnung von gemischt genutzten Gegenständen bis zum 31. Juli
Der Vorsteuerabzug bei nicht nur unternehmerisch genutzten Gegenständen (zum Beispiel Büro im Einfamilienhaus und bestimmte Photovoltaikanlagen) erfordert eine zeitnahe Zuordnung zum Unternehmensvermögen. Wurde die Zuordnung bei der Umsatzsteuer-Voranmeldung nicht dokumentiert, ist sie spätestens bis zur gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen gegenüber dem Finanzamt zu erklären.
Soll ein Gegenstand sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für nichtunternehmerische Zwecke genutzt werden, kann der Unternehmer umsatzsteuerlich grundsätzlich zwischen folgenden Möglichkeiten wählen:
- Zuordnung zum Unternehmensvermögen zu 100 %,
- Zuordnung zum Privatvermögen zu 100 %,
- Zuordnung zum Unternehmensvermögen im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung.
Ist der Gegenstand sowohl für unternehmerische Zwecke als auch für nichtunternehmerische Zwecke vorgesehen, so bedarf es einer Entscheidung über den Umfang der Zuordnung zum Unternehmen, um einen entsprechenden Vorsteuerabzug zu erhalten. Die Zuordnung muss aktiv erfolgen. Nur soweit diese Zuordnung vorgenommen wird, gilt der Gegenstand als für das Unternehmensvermögen angeschafft.
Das bedeutet, dass das Zuordnungswahlrecht dem Finanzamt bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuererklärung mitgeteilt werden muss. Zu beachten ist dabei, dass bei der Fristberechnung bestehende Fristverlängerungen für die Erstellung der Erklärung durch einen Steuerberater nicht berücksichtigt werden kann. Die Zuordnungsentscheidung muss mit endgültiger Wirkung nach außen hin (zum Beispiel Mitteilung an das Finanzamt) spätestens bis zum 31. Juli des Folgejahrs erfolgen.
Produziert beispielsweise eine Photovoltaikanlage den Strom sowohl zur Einspeisung in das Stromnetz im Rahmen einer entgeltlichen Veräußerung als auch zum privaten Verbrauch, muss der Unternehmer die Anlage bis zum 31. Juli des Folgejahres dem Unternehmen zuordnen, um den Vorsteuerabzug zu erhalten.
Der Europäische Gerichtshof hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass die von der Finanzverwaltung gesetzte Frist für das umsatzsteuerliche Zuordnungswahlrecht bei gemischt genutzten Gegenständen europarechtskonform ist.
Die dargestellte Zuordnungsentscheidung muss auch für Erhaltungsaufwendungen und nachträgliche Anschaffungs- beziehungsweise Herstellungskosten bei gemischt genutzten Gebäuden und Gegenständen getroffen werden, die sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische Zwecke genutzt werden.
Einkommen-steuer
Teileinkünfteverfahren: Nur im Antragsjahr müssen die Voraussetzungen vorliegen
Schüttet eine Kapitalgesellschaft Gewinne an den Gesellschafter aus, können diese unter gewissen Voraussetzungen nach dem Teileinkünfteverfahren besteuert werden. Der Bundesfinanzhof hat hierzu nun entschieden: Nach einer wirksamen erstmaligen Antragstellung sind die materiell-rechtlichen Antragsvoraussetzungen in den folgenden vier Veranlagungszeiträumen (VZ) vom Finanzamt zu unterstellen. Diese müssen nur für das erste Antragsjahr vorliegen.
Gewinnausschüttungen an den Gesellschafter unterliegen grundsätzlich der Abgeltungsteuer (25 %); tatsächliche Werbungskosten sind nicht abziehbar. Es steht nur der Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 1.000 Euro (bei Zusammenveranlagung: 2.000 Euro) zur Verfügung.
Nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) besteht aber die Option, Gewinnausschüttungen nach dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG (progressiver Tarif) zu versteuern. Hier sind dann die tatsächlichen Werbungskosten anteilig abziehbar. Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige im VZ, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar
- zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder
- zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist und durch eine berufliche Tätigkeit für diese maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf deren wirtschaftliche Tätigkeit nehmen kann.
Der Antrag ist spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen VZ zu stellen. Er gilt, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden vier VZ, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind.
Der Gesetzeswortlaut lässt den Schluss zu, dass die Antragsvoraussetzungen für den fortgeltenden Antrag in den Folgejahren vom Antragsteller zwar nicht erneut (aktiv) zu belegen sind, die Wahl des Teileinkünfteverfahrens aber nicht zulässig ist, wenn die Antragsvoraussetzungen nach dem Jahr der Antragstellung entfallen. Das ist die (bisherige) Sichtweise der Finanzverwaltung.
Der Bundesfinanzhof hat nun aber entschieden, dass die Antragsvoraussetzungen nur für das erste Antragsjahr vorliegen müssen. Der Wegfall in den folgenden vier VZ ist demnach unerheblich.
Umsatzsteuer
Gelockerte Sichtweise bei falschem Steuerausweis in Rechnungen an Endverbraucher
Hat der Unternehmer in einer Rechnung einen höheren Steuerbetrag ausgewiesen, als das Umsatzsteuergesetz (UStG) hierfür vorsieht, schuldet er auch den Mehrbetrag (unrichtiger Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG). Bei dieser „Strafsteuer“ gab es bislang eine strenge Auslegung.
Wegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs hat sich das aber nun geändert und das Bundesfinanzministerium zeigt sich in einem aktuellen Schreiben großzügiger.
Eine Steuerschuld nach § 14c UStG bestand bislang unabhängig davon, ob der falsch ausgewiesene Steuerbetrag auch als Vorsteuer absetzbar ist. Der Europäische Gerichtshof hat in einem Fall mit einem falschen Steuersatz aber entschieden, dass ein Steuerpflichtiger den zu Unrecht in Rechnung gestellten Teil der Mehrwertsteuer nicht schuldet, wenn keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt. Dies ist der Fall, wenn eine Leistung ausschließlich an Endverbraucher erbracht wurde, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.
Auch § 14c Abs. 2 S. 1 UStG (unberechtigter Steuerausweis) soll entfallen, wenn ein Kleinunternehmer eine Leistung ausgeführt und eine Rechnung mit einem Steuerausweis an einen Endverbraucher gestellt hat. Auf andere Fälle des § 14c Abs. 2 UStG (zum Beispiel bei Scheinrechnungen) soll die einschränkende Auslegung aber nicht anzuwenden sein.
Hinweis: Die Tatsache, dass die Rechnung an einen Endverbraucher ausgestellt worden ist, stellt eine den Steueranspruch einschränkende Tatsache dar, die durch den Unternehmer glaubhaft darzulegen beziehungsweise plausibel zu begründen ist.
Zu den Endverbrauchern zählt die Verwaltung insbesondere Nichtunternehmer und Unternehmer, die nicht als solche handeln (insbesondere Unternehmer bei Leistungsbezug für ihren privaten Bereich oder für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit im engeren Sinne).
In Mischfällen, in denen die gleiche Leistung betreffende Rechnungen mit unrichtigem Steuerausweis sowohl an Endverbraucher als auch an Unternehmer für deren unternehmerischen Bereich erteilt wurden, sind die vorgenannten Grundsätze nur bezüglich der Rechnungserteilung an Endverbraucher anzuwenden. Es kann weder eine Schätzung noch eine Wahrscheinlichkeitsberechnung oder Ähnliches erfolgen.
Bei der Beurteilung, ob der Leistungsbezieher als Endverbraucher gehandelt hat, kann die Art der Leistung berücksichtigt werden. Zu Leistungen, die ihrer Art nach mit hoher Wahrscheinlichkeit für den privaten Gebrauch bestimmt sind, verweist das Bundesfinanzministerium auf seine Weisungen zu § 3a Abs. 1 UStG („Ort der sonstigen Leistung“). Dieser Leistungskatalog ist aber unbeachtlich, sofern im Einzelfall feststeht, dass die Leistung nicht an einen Endverbraucher erbracht wurde.
Ist bei einer Rechnung an Endverbraucher keine „§ 14c Steuer“ entstanden, ist aus Umsatzsteuersicht keine Rechnungsberichtigung mehr erforderlich.
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