Newsletter

Oktober 2021

Liebe Leserschaft,
vor vier Jahren wurden die „Paradise Papers“ veröffentlicht. Wie in den ein Jahr zuvor an die Öffent­lich­keit gebrachten „Panama Papers“ ging es darin um Steuer­oasen und die dubiosen Machen­schaf­ten von Brief­kastenfirmen. Seit wenigen Tagen bringen nun die „Pandora Papers“ Licht ins Dunkel tausender komplexer Offshore-Konstruk­tionen!

Friedlich, legal und ohne böse Über­raschungen geht es in unserem heutigen Newsletter um die Frage, wo die Grenze zwischen Gefälligkeit und Schwarzarbeit zu finden ist.

Kommen Sie gut ins Wochenende!

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Unternehmer & Unternehmen

Teilwertzuschreibung von Fremdwährungsverbindlichkeiten

Der BFH hat entschieden, dass der höhere Ansatz einer Verbindlichkeit aus einem Fremdwährungsdarlehen (sog. Teilwertzuschreibung) dann zulässig ist, wenn der Euro-Wert gegenüber der Fremdwährung aufgrund einer fundamentalen Änderung der wirtschaftlichen oder währungspolitischen Daten der beteiligten Währungsräume gesunken ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH dürfen in einer Steuerbilanz Verbindlichkeiten, die in einer anderen Währung als dem Euro zu erfüllen sind, nur dann mit einem höheren Wert als dem Wert im Zeitpunkt ihrer Begründung ausgewiesen werden, wenn die zum jeweiligen Bilanzstichtag aufgetretenen Änderungen des Wechselkurses voraussichtlich dauerhaft sind. Daran fehlt es regelmäßig bei langfristigen Fremdwährungsverbindlichkeiten. Denn bei ihnen kann grundsätzlich angenommen werden, dass sich die Wertunterscheide bis zum Zeitpunkt der Darlehensrückzahlung wieder ausgeglichen haben werden.

Der BFH entschied nun, dass eine voraussichtlich dauernde Wertänderung, die zur Teilwertzuschreibung einer Fremdwährungsverbindlichkeit berechtigt, angenommen werden kann, wenn sich die Währungsdaten zwischen dem Euro-Währungsraum und der Fremdwährung – hier dem Schweizer Franken – so fundamental ändern, wie dies zum Bilanzstichtag 31.12.2010 wegen der europäischen Staatsschuldenkrise der Fall war.

Bildung einer Rückstellung für Steuernachforderungen im Steuerentstehungsjahr unzulässig

Eine GmbH, die ein Taxiunternehmen betrieb, wurde nach der Betriebsprüfungsordnung bis 2012 als Kleinstbetrieb und ab 2013 als Kleinbetrieb eingestuft. In 2017 führte das Finanzamt bei der GmbH eine Lohnsteueraußenprüfung für 2013 und 2014 sowie eine Betriebsprüfung für 2012 bis 2014 als sog. Kombiprüfung durch. Die Betriebsprüfung wurde mit einer tatsäch-
lichen Verständigung abgeschlossen, die zu höheren Umsätzen und Gewinnen sowie zu zusätzlichen Arbeitslöhnen führte. Das Finanzamt hatte diese Verständigung durch Erlass entsprechender Steuerbescheide und eines Lohnsteuerhaftungsbescheids umgesetzt. Die GmbH machte daraufhin geltend, dass für 2012 eine Rückstellung für zusätzlichen Steuerberatungsaufwand im Zusammenhang mit der Prüfung und für 2014 eine Rückstellung für die Lohnsteuerhaftungs-beträge zu bilden seien. Beides lehnte das beklagte
Finanzamt ab.

Die hiergegen erhobene Klage hatte vor dem Finanzgericht Münster keinen Erfolg. Es hat in beiden Punkten die Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten versagt. Für den zusätzlichen Beratungsaufwand habe im Zusammenhang mit der Außenprüfung im Jahr 2012 noch keine Rückstellung gebildet werden können, denn das auslösende Ereignis für die Aufwendungen sei erst deren Durchführung in 2017 gewesen. Am 31.12.2012 habe die GmbH noch nicht mit einer späteren Prüfung rechnen müssen, weil sie nicht der Anschlussprüfung unterlag, da es sich bei ihr nicht um einen Großbetrieb handelte. Des Weiteren sei auch für die Lohnsteuernachforderung erst durch den Haftungsbescheid im Jahr 2017 eine Zahlungsverpflichtung der GmbH begründet worden. Eine Rückstellung dürfe zu einem früheren Bilanzstichtag nur gebildet werden, wenn mit einer Inanspruchnahme zu rechnen gewesen sei.

Aufnahme einer gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit oder Betriebseröffnung

Wer einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb eröffnet oder eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit, muss gegenüber dem Finanzamt innerhalb eines Monats Auskunft erteilen.

Es gibt folgende Fragebögen zur steuerlichen Erfassung:

  • Aufnahme einer gewerblichen, selbständigen (freiberuflichen) oder land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit (Einzelunternehmen);
  • Gründung einer Personengesellschaft/-gemeinschaft;
  • Gründung einer Kapitalgesellschaft bzw. Genossenschaft;
  • Gründung einer Körperschaft nach ausländischem Recht;
  • Gründung eines Vereins oder einer anderen Körperschaft des privaten Rechts im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 KStG oder Aufnahme einer wirtschaftlichen / unternehmerischen Tätigkeit.

Seit 01.01.2021 sind folgende Fragebögen elektronisch zu übermitteln:

  • Aufnahme einer gewerblichen, selbständigen (freiberuflichen) oder land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit (Einzelunternehmen);
  • Gründung einer Personengesellschaft/-gemeinschaft;
  • Gründung einer Kapitalgesellschaft bzw. Genossenschaft

Die Finanzverwaltung weist darauf hin, dass die Übermittlung elektronisch erfolgen muss, es sei denn, dass zur Vermeidung unbilliger Härten die Auskunftserteilung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zugelassen wird. Auch der Fragebogen „Gründung eines Vereins oder einer anderen Körperschaft des privaten Rechts im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 KStG oder Aufnahme einer wirtschaftlichen / unternehmerischen Tätigkeit“ wird noch nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck eingereicht. Die elektronische Übermittlung erfolgt über Elster.

Einkommen steuer

Schmaler Grat zwischen Gefälligkeitsdienst und Schwarzarbeit

Schnell einem Nachbarn oder einem befreundeten Unternehmer ohne Gegenleistung zu helfen, ist eine Gefälligkeit. Wird dies aber entschädigt und nicht gemeldet, kann die Gefälligkeit eine Schwarzarbeit darstellen. Das Bußgeld dafür ist höher als zum Beispiel der Lohn für einen Minijob.

Es gibt keine eindeutigen Grenzen, die den Unterschied zwischen einem Gefälligkeitsdienst und einer Beschäftigung genau definieren. Dies hängt von mehreren Faktoren ab. Unter Privatpersonen im privaten Rahmen ist das Thema differenzierter zu betrachten als bei Arbeiten im gewerblichen Bereich. Kurz gesagt: Eine als Gefälligkeit eingestufte Tätigkeit ist dann Schwarzarbeit, wenn sie dazu dient, Steuern und Sozialabgaben einzusparen.

Die Definition von Schwarzarbeit findet sich in § 1 Absatz 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG). Zusammenfassend leistet danach Schwarzarbeit, wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausführen lässt und dabei bestimmte Pflichten nach dem Sozialversicherungs- und Steuerrecht sowie nach der Gewerbe- und Handwerksordnung nicht erfüllt.

Keine Schwarzarbeit liegt vor, wenn nicht nachhaltig auf Gewinn gerichtete Dienst- oder Werkleistungen von Angehörigen oder Lebenspartnern, aus Gefälligkeit oder im Wege der Nachbarschaftshilfe erbracht werden. Als nicht nachhaltig auf Gewinn gerichtet gilt insbesondere eine Tätigkeit, die gegen geringes Entgelt erbracht wird.

Eine klare Definition dieses Begriffes gibt es nicht. Der Gesetzgeber hält allerdings auch Tätigkeiten im oben beschriebenen Umfeld, die gegen geringes Entgelt erbracht werden, für unbedenklich und stuft sie nicht als Beschäftigung ein. Da eine konkrete Bagatellgrenze weder im SchwarzArbG noch im Sozialversicherungs- oder Steuerrecht genannt wird, ist es hilfreich, sich an der Motivlage der handelnden Personen zu orientieren.

Maßgebliches Abgrenzungskriterium für die Frage, ob eine Tätigkeit im Rahmen eines Beschäftigungs- beziehungsweise Arbeitsverhältnisses ausgeübt oder nur als Gefälligkeitsdienst erbracht wird, ist das Motiv für die Tätigkeit. Von einem Beschäftigungs- oder Arbeitsverhältnis ist auszugehen, wenn wirtschaftliche Überlegungen im Vordergrund stehen (nachhaltig auf Gewinn gerichtet), mit der Tätigkeit also in erster Linie eine Vergütung erzielt werden soll. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein hauptberuflich tätiger Computerfachmann seine Dienste auch Freunden und Bekannten gegen Bezahlung anbietet. Eine Gefälligkeitsleistung hingegen wird grundsätzlich unentgeltlich erbracht und begründet auch keinen Anspruch auf eine Honorierung.

Wo Hilfeleistungen erbracht werden, bei denen Gefälligkeit und Hilfsbereitschaft deutlich im Vordergrund stehen, ist die Dienst- oder Werkleistung nicht nachhaltig auf Gewinn ausgerichtet. Sie ist weder der Sozialversicherung noch dem Finanzamt anzuzeigen. Es sind keine Abgaben zu leisten. Kleine Aufmerksamkeiten, wie beispielsweise ein paar Euro für den Nachbarsjungen, der gelegentlich den Rasen mäht oder ein Kinogutschein für den netten Nachbarn, der den Einkauf erledigt, sind nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet.

Das Gleiche gilt, wenn die Dienst- oder Werkleistungen im Rahmen der Nachbarschaftshilfe im gegenseitigen Austausch erfolgen. Damit ist zum Beispiel die nachbarschaftliche gegenseitige Hilfe bei Arbeiten am Haus keine Schwarzarbeit, solange keine – über kleine Aufmerksamkeiten hinausgehenden – geldwerten Zuwendungen erfolgen. Relevant wird der gegenseitige Austausch von Leistungen allerdings, wenn dabei eine gewisse Nachhaltigkeit erkennbar ist.

Erbschaft steuer

Klippen beim Nießbrauch im Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerrecht

Die Übertragung von Vermögenswerten, insbesondere von bebauten Grundstücken, erfolgt häufig unter Zurückbehaltung von Nießbrauchsrechten. In der Praxis wird die Schenkung von Grundstücken auch mit einem Nießbrauchsrecht an eine weitere Person (z. B. Ehegatten) verbunden. Diese Gestaltungen haben im Erbschaft-/Schenkungsteuerrecht vielfältige Steuerauswirkungen zur Folge.

Wird ein Grundstück unter Nießbrauchsvorbehalt unentgeltlich übertragen, muss zunächst der Wert des Grundstücks nach den üblichen Regeln ermittelt werden. Anschließend wird der kapitalisierte Wert des Nießbrauchs als Verbindlichkeit abgezogen. Dabei wird für den Nießbrauch zunächst der Jahreswert des Nettoertrags festgestellt und dann mit der voraussichtlichen Lebensdauer des Berechtigten nach der amtlichen Sterbetafel kapitalisiert. Dieser Wert beträgt z. B. bei Übertragung an einen 60-jährigen Mann ab dem 1. Januar 2021 das 12,858-fache, bei einer Frau das 13,884-fache des Jahreswertes. Nur die Differenz zwischen Grundstückswert und Abzug des Kapitalwertes unterliegt der Schenkungsteuer. Sind mehrere Personen nacheinander Nießbrauchsberechtigte, ist das Alter des Längstlebenden für die Berechnung des Kapitalwertes anzusetzen.

Was geschieht nun im Falle des Versterbens des Nießbrauchers? Der Wegfall des Nießbrauchs ändert an der ursprünglichen Schenkungsteuerberechnung nichts. Entsteht durch den Tod des Nießbrauchers aber ein Anspruch z. B. des überlebenden Ehegatten, dann liegt ein neuer Erbfall vor, der mit dem in diesem Zeitpunkt neu zu berechnenden Kapitalwert der Erbschaftsteuer unterliegt. Bei einer dann z. B. 70-jährigen Frau beträgt der Faktor immer noch 11,171.

Welche Steuerfolge tritt jedoch ein, wenn der ursprüngliche Schenker auf seinen Nießbrauch verzichtet? In diesem Fall liegt eine weitere Schenkung des früheren Grundstückseigentümers an den Nießbrauchsverpflichteten vor. Die Bewertung dieser Schenkung erfolgt mit dem Kapitalwert im Zeitpunkt des Verzichts. Die gleiche Rechtslage wie beim Verzicht des ursprünglichen Grundstückseigentümers und Schenkers auf den Nießbrauch tritt ein, wenn z. B. der überlebende Ehegatte auf den Nießbrauch verzichtet. Dies könnte in der Praxis deshalb erfolgen, weil der/die Beschenkte das Grundstück günstig veräußern kann.

Die hier geschilderten Rechtsfolgen zeigen, dass bei der Schenkung unter Zurückbehalt des Nießbrauchs Klippen auftauchen, mit denen im Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsabschlusses keiner der Beteiligten gerechnet hat. Die ursprüngliche Schenkung kann längst vergessen sein, wenn u. U. nach Jahrzehnten ein steuerpflichtiger Nießbrauch für einen Ehepartner anfällt.

Umsatzsteuer

Zuordnungfristen verstoßen nicht grundsätzlich gegen Unionsrecht

Der EuGH hat in einem am 14.10.2021 veröffentlichten Urteil (C-45/20, C-46/20) die in Deutschland geltenden Fristen für die Zuordnung zum umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen nicht grundsätzlich verworfen. Dies war nach der Entscheidung „Gmina Ryjewo“ und insbesondere nach den Schlussanträgen des Generalanwalts anders erwartet worden.

Beim Erwerb von Gegenständen, die ein Unternehmer sowohl für seine unternehmerischen Zwecke als auch für private Zwecke verwenden möchte, besteht ein Wahlrecht, den Gegenstand dem Unternehmen vollständig, gar nicht oder nur teilweise zuordnen (vgl. Abschn. 15.2c Abs. 2 UStAE). Dieses Zuordnungswahlrecht gilt – anders als im Ertragsteuerrecht – für Immobilien und bewegliche körperliche Gegenstände gleichermaßen. Es wird lediglich vorausgesetzt, dass die unternehmerische Verwendung mindestens 10 % der geplanten Verwendung beträgt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Der BFH geht bisher davon aus, dass der Unternehmer die Zuordnung zum Unternehmen bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die betreffende Steuererklärung (i. d. R. bis 31.07. des Folgejahrs; für 2020 bis 31.10.2021) gegenüber der Finanzverwaltung dokumentieren muss (durch Abgabe von USt-Voranmeldung oder der Jahressteuererklärung mit vollem Vorsteuerabzug oder anderweitige Information). Wird die Zuordnung nicht innerhalb dieser Frist gegenüber dem Finanzamt dokumentiert, geht dieses davon aus, dass der betreffende Gegenstand nicht dem Unternehmen zugeordnet wurde. In der Folge ist der Vorsteuerabzug endgültig verloren.

Fazit:

Die Hoffnung, dass durch die Entscheidung des EuGH die feste Zuordnungsfrist generell gekippt wird, hat sich nicht erfüllt. Es bleibt die Hoffnung, dass sich nach der erneuten Prüfung durch den BFH zumindest Erleichterungen ergeben werden. Denkbar wäre z.B., dass zumindest die verlängerte Abgabefrist für Steuererklärungen, die durch Angehörige der steuerberatenden Berufe erstellt werden (§ 149 Abs. 3 AO), Berücksichtigung findet.

Die Unsicherheit über die genaue Umsetzung der Dokumentation der Zuordnungsentscheidung besteht also zunächst einmal fort. Bis Klarheit herrscht, sollte daher die reguläre Abgabefrist für Steuererklärungen (i. d. R. 31.07. des Folgejahrs) weiterhin als „Deadline“ für die Dokumentation der Zuordnung zum Unternehmensvermögen beachtet werden.

Wichtig:

Für den Besteuerungszeitraum 2020 wurde die Abgabefrist gesetzlich bis zum 31.10.2021 verlängert (wegen Sonntag (und ggf. Feiertag) der 1.11. bzw. 02.11.2021).

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